Exkursion Agri-PV Sonnen.Park Eugendorf

Im April 2025 haben die Gründungsmitglieder der Energiegemeinschaft Fair‑Strom Anthering/Bergheim eine spannende Exkursion zum innovativen Agri‑Photovoltaik-Projekt Sonnen.Park Eugendorf unternommen. Unter Leitung von Josef Klinger bekamen wir einen umfassenden Einblick in das Zusammenspiel von landwirtschaftlicher Nutzung und moderner Solartechnik. Ziel der Exkursion war es, von den Erfahrungen der Salzburg AG zu lernen, Ideen für mögliche Agri‑PV-Planungen zu sammeln und zugleich die Bedeutung einer regionalen Energiegemeinschaft für nachhaltige Stromerzeugung zu vermitteln.
Agri‑PV (Agrar-Photovoltaik) eröffnet neuen Spielraum, um landwirtschaftliche Flächen doppelt zu nutzen: Während Solarpaneele saubere Energie liefern, bleibt der Boden für Pflanzen, Blumen und Insekten zugänglich. Diese innovative Kombination steht exemplarisch für unsere Mission bei Fair‑Strom A/B, technische Fortschritte mit ökologischer Verantwortung zu verbinden.
Hintergrund zum Sonnen.Park Eugendorf
Der Sonnen.Park Eugendorf befindet sich in Eugendorf, im Bezirk Salzburg-Umgebung, und erstreckt sich über eine Fläche von rund 60.000 m². Initiator und Betreiber ist die Salzburg AG, die das Pilotprojekt Agri‑PV im Bundesland Salzburg maßgeblich gefördert hat. Seit der Inbetriebnahme versorgt die Anlage regional Haushalte und Betriebe mit sauberem Solarstrom.
Technische Eckdaten:
- Fläche: ca. 60.000 m²
- Modulanzahl: rund 4.500 bifaziale PV‑Module à 465 W Spitzenleistung
- Gesamtleistung: ca. 1.620 kWp Agri‑PV-Leistung
- Ertrag: etwa 2,6 GWh Strom pro Jahr, genug für rund 650 Haushalte
Agri‑PV Konzept: Im Gegensatz zu konventionellen Freiflächenanlagen sind die Solarmodule in senkrechten Solarzäunen angeordnet. Diese vertikale Aufstellung verbessert die Ertragsverteilung über den Tag und vermindert Verschattung in den Morgen‑ und Abendstunden. Gleichzeitig bleibt der Boden dazwischen landwirtschaftlich nutzbar und bietet Lebensraum für Flora und Fauna. So wird die doppelte Flächennutzung von Energieerzeugung und Landwirtschaft optimal kombiniert.
Führung durch Josef Klinger
Unsere Gruppe wurde herzlich von Herrn Josef Klinger empfangen, der als Projektleiter der Salzburg AG seit der Planungsphase am Sonnen.Park Eugendorf beteiligt war. Mit fundiertem Fachwissen und vielen anschaulichen Anekdoten führte er uns entlang dreier zentraler Infotafeln und direkt in die Reihen der vertikalen Solarzäune:
Praxiseinblick in die Modulreihen: Wir bekamen einen Einblick in die Konstruktion der bifazialen Module und deren Anschluss an String-Wechselrichter. Herr Klinger erläuterte den Unterschied zwischen konventionellen, flach liegenden PV‑Feldern und der senkrechten Anordnung im Sonnen.Park, die eine gleichmäßigere Stromproduktion über den Tag ermöglicht.
Willkommen im Sonnen.Park: Hier erhielten wir eine erste orientierende Übersicht. Herr Klinger erklärte die Grundidee des Agri‑PV-Pilotprojekts, die geplanten Erträge von rund 1.620 kWp und den Nutzen für die Region Salzburg.
Doppelt gut: Grünland nutzen & Strom ernten“: Besonders beeindruckend war das Konzept der doppelten Flächennutzung. Die neun Meter Abstand zwischen den Modulreihen ermöglicht es Landwirten, mit Mähmaschinen und Landmaschinen problemlos zwischen den Solarzäunen zu arbeiten, ohne Ertragsverluste durch Schattenwurf. Dank der vertikalen Montage nehmen die Module weniger als zwei Prozent der Fläche ein, der Rest bleibt unversiegelt und wird als bunte Wiese mit Luzerne, Rotklee und Gras genutzt. Eine wissenschaftliche Begleitung durch das Zentrum für Bildung und Forschung Raumberg‑Gumpenstein dokumentiert Messergebnisse zu Ertrag und Grünlandpflege.
Öko-Plus: Mehr Biodiversität“: An dieser Station erfuhren wir, wie Gehölz‑ und Blühstreifen, Totholzstämme und Trockensteinmauern gezielt Lebensräume für Insekten, Vögel und Kleinsäuger schaffen. Die Solarzäune spenden kühlen Schatten und verbessern das Mikroklima für Flora und Fauna.
Technische Highlights
Im Sonnen.Park Eugendorf überzeugte uns insbesondere die technische Konzeption, die vertikale Modulaufstellung und die Netzintegration:
Vergleich vertikale vs. konventionelle PV:
Ertragsprofil: Die vertikalen, bifazialen Module nutzen reflektiertes Albedo-Licht von beiden Seiten und erzeugen so auch morgens und abends Strom, während klassische Freiflächenanlagen ihren Leistungshöhepunkt um die Mittagszeit haben.
Flächeneffizienz: Durch den optimierten Reihenabstand beanspruchen die Module weniger als 2 % der Gesamtfläche. Der Boden bleibt unversiegelt und kann weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden.
Netzstabilität und Netzintegration:
- Als reine Volleinspeiser-Anlage speist der Sonnen.Park den gesamten erzeugten Strom ohne Vorhaltung von Speichern direkt in das regionale Verteilnetz ein.
- Mehrere String-Wechselrichter und ein zentrales Sammelschienensystem sorgen für eine gleichmäßige und zuverlässige Einspeisung in Niederspannungsebene.
Learnings für Fair‑Strom A/B:
- Bifaziale Module eignen sich besonders auf Grünlandflächen durch Albedo-Gewinne.
- Modulare String-Wechselrichter erlauben eine schrittweise Erweiterung und vereinfachen Wartung und Betrieb.
- Datenmonitoring & Kooperation mit Forschungseinrichtungen (Raumberg‑Gumpenstein) liefert wertvolle Einblicke in Ertrags- und Grünlanddaten.
Ökologische Mehrwerte
Der Sonnen.Park Eugendorf geht weit über reine Energieerzeugung hinaus und setzt auf ein umfassendes Öko‑Plus-Konzept, das Flora und Fauna gleichermaßen fördert:
Solarzäune als Schattenspender: Die vertikalen Solarmodule werfen gezielt Schattenstreifen auf das Grünland. Dieser kühlende Effekt schafft microklimatische Vorteile für Insekten und Kleinsäuger, die in den warmen Sommermonaten alternative Rückzugsorte suchen. Gleichzeitig verringert die Beschattung die Verdunstung und kann die Bodenfeuchte etwas steigern.
Gehölz‑ und Blühstreifen: Entlang der Modulreihen wurden bunte Bänder aus regionalen Blumen, Gräsern und Sträuchern angelegt. Luzerne, Rotklee, Wildblumen und heimische Gräser bieten Nektar und Pollen für Bienen, Schmetterlinge und andere Bestäuber. Höhere Gehölzpflanzungen am Rand dienen als Windschutz, Nistmöglichkeiten und Vernetzungsachsen für Vögel und kleine Säuger.
Totholzstämme und Trockensteinmauern: Zersetzende Baumstümpfe und aufgehäuftes Totholz schaffen Unterschlupf und Brutplätze für Käfer, Spinnen, Amphibien und Kleinsäuger. Trockensteinmauern entlang der Zaunlinien bieten zudem Versteckmöglichkeiten für Eidechsen und Reptilien sowie Nistgelegenheiten für solitär lebende Wildbienen.
Begleitende wissenschaftliche Begleitung: In Kooperation mit dem Zentrum für Bildung und Forschung Raumberg‑Gumpenstein werden regelmäßig Monitoring-Daten zu Artenvielfalt, Ertrag und Grünlandpflege erhoben. Diese Studien belegen, dass die Agri‑PV-Anlage einen positiven Effekt auf die Biodiversität hat, ohne den landwirtschaftlichen Ertrag signifikant zu mindern.
Fazit & Ausblick
Unsere Exkursion zum Sonnen.Park Eugendorf hat eindrucksvoll vor Augen geführt, wie Agri‑PV-Anlagen landwirtschaftliche Flächen doppelt nutzbar machen und gleichzeitig wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere schaffen kann. Die vertikale Modulaufstellung überzeugt durch gleichmäßige Stromerträge über den Tag, während das umfassende Öko‑Plus-Konzept Biodiversität fördert und das Mikroklima verbessert.
Für die Energiegemeinschaft Fair‑Strom A/B ergeben sich daraus folgende Impulse:
- Pilotprojekte starten: Testaufbau kleinerer bifazialer Modulreihen auf regionalen Grünlandflächen in Anthering und Bergheim.
- Kooperationen ausbauen: Gemeinsame Feldversuche mit Forschungsinstitutionen zu Ertragsdaten und Grünlandpflege etablieren.
- Community einbinden: Informationsveranstaltungen vor Ort anbieten, um Landwirt:innen und Mitglieder aktiv in die Planung und Pflege einzubeziehen.
Mit diesen Schritten können wir unser Ziel einer nachhaltigen, resilienten und sozial ausgerichteten Energiegemeinschaft weiter vorantreiben. Wir bedanken uns herzlich bei Josef Klinger und dem Team der Salzburg AG für die offene Führung und bei allen Teilnehmer:innen für den regen Austausch.
Bilder & Text: Leonhard Berchtold.
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